Good news are bad news

Zeichnung: Kasia Jackowska


Schlechte Nachrichten…

… verkaufen sich besser, lautet die Regel.
Hier folgen ein paar davon:

Die Menge an Phytoplankton in den Meeren nimmt ab. Phyto was? Das sind kleine einzellige Algen, also pflanzliche Lebewesen im Plankton, das an der Oberfläche der Meere schwebt. Durch Fotosynthese binden sie CO2 und sorgen für rund die Hälfte des Sauerstoffs in den Meeren (und für einen  Viertel in der gesamten Biosphäre). Gleichzeitig ist Phytoplankton die allererste Nahrungsgrundlage für alle anderen Meereslebewesen, vom Zooplankton (kleinsten Krebschen) entlang der Nahrungskette über kleine und grössere Fische und andere Tiere bis hin zu Walfischen, Haien, Thunfischen usw.

Und warum nimmt Phytoplankton ab? Wegen der zunehmenden Erderwärmung, die auch das Wasser in den Meeren wärmer werden lässt. Es ist den kleinen Algen einfach zu warm. [1] [2]

Fische im All. Vier Zebrafische in einem Aquarium auf einer chinesischen Raumstation dienen für Experimente, deren Ergebnisse die Ursache für Knochenschwund bei Astronauten erklären helfen sollen. Was können die Fische dafür? In der schwerelosen Umgebung zeigen sie abnorme Verhaltensweisen, schwimmen kreuz und quer, rückwärts und drehen sich um sich selbst. [3]

Parasiten in Fischfarmen kosten die Industrie Millionen. In Aquakultur sind Fische in den meisten Fällen unnatürlich eng gehalten. Dadurch werden sie anfällig für Parasiten aller Art; die Lachslaus ist nur ein besonders bekanntes Beispiel. Der Verlust an kranken und toten Fischen kostet die Industrie laut einer Studie 60 Millionen Euro pro Jahr [4]. Eine schlechte Nachricht vor allem für die betroffenen Fische, während Gegner der Massenfischhaltung ihr auch etwas Positives abgewinnen könnten: weil die Industrie sich langfristig zu mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Fische gezwungen sehen dürfte.

Wer gegen die Lachsindustrie kämpft, lebt teuer. Norwegische Lachskonzerne, die auch in Schottland grosse Zuchtanlagen betreiben, wollen gerichtlich verhindern, dass lokale zivilgesellschaftliche Organisation die umweltschädliche und tierquälerische Praxis mit Fotos und Video öffentlich dokumentieren. Die Aktivisten sollen sich ihren Anlagen nicht näher als 15 Meter nähern dürfen. Der unnachgiebigste unter ihnen, Don Staniford, soll mit einer Schadenersatzklage von 140.000 Euro mundtot gemacht werden, ein klarer Fall von SLAPP (Strategic Lawsuits Against Public Participation). [5]

Öl und Gas statt Meer und Strände. Vor der polnischen Ostseeküste sollen Erdöl und Erdgas gefördert werden, eine Gefahr für Vögel, Wale, Natur und Strände. Eine Petition versucht, diese Pläne noch zu stoppen. [6]

Und jetzt ein paar gute Nachrichten:

Eines der grossen Lachszuchtprojekte scheitert an den Finanzen. Nun, für gewisse Leute ist das wohl eine schlechte Nachricht; aber für die betroffenen Lachse und für Menschen, die sich für einen respektvollen Umgang mit Tieren und der Umwelt einsetzen, ist sie eher Anlass zur Freude. Ausgerechnet «Gaia Salmon» (sozusagen Mutter-Erde-Lachs) hiess das je nach Gusto ambitionierte oder hirnrissige Projekt auf einer norwegischen Insel. [7]

Endlich vereint gegen Subventionen fürs Überfischen. Jahrzehntelange Überfischung hat immer mehr Fischbestände massiv dezimiert. Schuld daran ist vor allem die hoch subventionierte industrielle Fischerei. Ein von der UNO-Welthandelsorganisation (WTO) in zähen Verhandlungen erreichtes Verbot besonders schädlicher Subventionen trat im vergangenen September in Kraft. Zwei Drittel der WTO-Staaten haben das Abkommen ratifiziert, sie gaben bisher 90 Prozent der weltweiten Fischereisubventionen aus [8] [9]. Ein erster Schritt hin zu ökonomisch und ökologisch verantwortungsvolleren Fischereipraktiken.

Fischmehl und Fischöl werden rar. Die in der Finanzierung der Aquakulturindustrie führende holländische Rabobank warnt vor sinkender Versorgung der Branche mit Fischmehl und Fischöl, weil auch die Bestände der hierfür in Massen gefangenen Sardellen, Sardinen und Makrelen überfischt sind. Gegen 90% des Fischmehls und gegen 70% des Fischöls dienen der Fütterung von Zuchtfischen. [10]

Wird nun das Wachstum der Aquakulturindustrie durch Futtermangel endlich gebremst? Kaum, solange Profite winken. Eher sucht die Industrie nach Alternativen. Schwedische Forscher haben ein Mycoprotein auf Pilzbasis entwickelt; die ersten damit gefütterten Zuchtforellen sind bereits auf dem Markt [11]. Das hat zwar das Leben dieser Forellen nicht verbessert, aber dazu beigetragen, dass weniger Sardellen vor Peru oder Marokko gefangen werden mussten.

Wie diese paar Beispiele zeigen, sind gute Nachrichten aus der Fischwelt zwiespältiger als jene, die eh schlecht sind…


Quellen:

[1] https://www.geo.de/wissen/globale-inventur–phytoplankton-menge-in-den-ozeanen-nimmt-ab-36141314.html

[2] https://www.srf.ch/audio/wissenschaftsmagazin/eth-will-bessere-beziehung-zur-politik?id=AUDI20251018_NR_0019 (ab 6’55”)

[3] https://futurezone.at/science/fische-chinesische-raumstation-verhalten-merkwuerdig-aquanauten-tiangong/402907599

[4] https://www.foodnavigator.com/Article/2025/05/07/deadly-parasite-costs-fishing-industry-587m-euros-a-year/

[5] https://www.theguardian.com/business/2025/sep/24/bakkafrost-salmon-farmer-accused-blocking-uk-investigations-alleged-animal-rights-breaches

[6] https://action.wemove.eu/sign/2025-10-oil-Baltic-Sea-petition-DE

[7] https://www.fishfarmermagazine.com/news/land-based-salmon-farmer-falls-into-insolvency

[8] https://mailchi.mp/299f48662192/international-cooperation-based-on-fair-benefit-sharing-can-work?e=28939e7b12

[9] https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/wto-abkommen-gegen-ruecksichtslose-fischerei?partId=cGBrN5_KdjPHYF0OXTuH_alU8Pg

[10] https://www.seafoodsource.com/news/supply-trade/upcoming-fishmeal-fish-oil-scarcities-will-require-swift-industry-action-rabobank-warns

[11] https://www.seafoodsource.com/news/aquaculture/first-commercially-available-fish-fed-on-mycoprotein-lands-on-swedish-shelves

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