
Was die Belt-and-Road-Initiative (BRI, «neue Seidenstrasse») des chinesischen Präsidenten Xi rund um den Globus an Verwerfungen auslöst, ist ohne die Gier lokaler Kapitalisten nicht zu erklären. Eine Reportage über den Megahafen im peruanischen Fischerstädtchen Chancay zeichnet die Fusion (oder den Zusammenprall) der beiden Arten des Denkens hervorragend nach.
Am Anfang waren reiche Fischgründe, die Sardellenfischerei und die Fabriken, in denen die Fische zu Mehl verarbeitet wurden. Die Nachfrage danach stieg parallel zum Wachstum der Fischzuchten in Asien, Europa und Lateinamerika. Bis die Fischbestände einbrachen und manche Fischfabrik Konkurs ging. Korrupte Militärs rissen sich brachliegende Fabrikgelände an der Küste unter den Nagel, veräusserten sie mit grossem Gewinn an einen nationalen Minenkonzern, welcher sie schliesslich dem chinesischen Schifffahrtsstaatskonzern Cosco verkaufte, der in Chancay einen der grössten Containerhäfen baut und sich damit eine Alternative zum Panamakanal schaffen will.
Auf der Strecke bleiben die Vielfalt des Lebens im Meer, die mit etwas Geld ruhig gestellten Fischer, die Touristen aus Lima an einem verwüsteten Badestrand und eine Stadt, die mit zunehmender Spaltung und Kriminalität zu kämpfen hat. Aber natürlich sind ganz allein «die Chinesen» schuld daran.
Ob das ehrgeizige Hafenprojekt je Gewinn bringen wird, ist durchaus hoffen. Der in der Schweiz ansässige globale Rohstoffhändler Glencore ist jedenfalls bereits ausgestiegen. Aber ein korrupter Stadtpräsident und eine korrupte Staatsregierung haben sich für das Projekt schon so weit aus dem Fenster lehnen lassen, dass sie gar nicht mehr zurück können. «Kann man den Wahnsinn noch stoppen? “Man müsste die Regierung verjagen und alles niederreissen”, sagt der Stadtplaner Kovankaya.»
Im gleichen REPORTAGEN-Heft eine weitere Reportage über weiträumige Zerstörungen von Land und Meer für einen BRI-Schifffahrtskanal westlich des Bosporus, bei dessen Bau sich Erdogan und Freunde die Taschen füllen.
Lesenswert!
https://reportagen.com/reportage/im-kielwasser-chinas/
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